Branche und Verwaltung im Dialog
Die zehnte Generalversammlung der Konferenz der Gebäudetechnik-Verbände (KGTV) stand ganz im Zeichen des Austauschs mit zwei Behörden, die im Rahmen der Energiewende für die Branche eine Schlüsselrolle spielen: das Bundesamt für Energie und das Bundesamt für Umwelt. In der von Präsidentin Franziska Ryser moderierten Podiumsdiskussion wurde intensiv über Möglichkeiten zur Verbesserung der Zusammenarbeit beraten.
Die zehnte Generalversammlung (GV) der KGTV wurde unter Beteiligung von 26 Anwesenden am 18. Mai 2022 in Bern abgehalten. Erstmals seit der Pandemie wurde sie wieder als Präsenzveranstaltung durchgeführt. Als Gäste begrüsste KGTV-Präsidentin Franziska Ryser (Nationalrätin, Grüne) im Anschluss an den statuarischen Teil der GV mit Katrin Schneeberger, Direktorin des Bundesamts für Umwelt (BAFU), und Benoît Revaz, Direktor des Bundesamts für Energie (BFE), zwei Behördenvertreterinnen bzw. -vertreter, die für die Belange der Gebäudetechnikbranche von zentraler Bedeutung sind. Ausserdem durfte die KGTV Altpräsident Jürg Grossen (Nationalrat, GLP) als Ehrengast empfangen.
In der Podiumsdiskussion wurden verschiedene Sachfragen und Themenbereiche angeschnitten und erörtert, die im Vorfeld von den Mitgliedsvereinen der KGTV eingereicht und zusammengetragen worden waren. Moderiert wurde die Diskussionsrunde von Präsidentin Ryser, die auch Raum für zahlreiche Zwischenfragen und Kommentare aus dem Publikum liess – eine Möglichkeit des Austauschs, von der die Mitglieder intensiv Gebrauch machten. Die Diskussionen verliefen entsprechend engagiert. Wiederholt schalteten sich die Teilnehmenden in die Debatte ein, um ihre Anliegen und Probleme anzusprechen und zu adressieren.
Ämterkonsultationen
Die Einstiegsfrage befasste sich mit den Abläufen bei einer Gesetzes- oder Verordnungsrevision. BAFU-Direktorin Schneeberger bestätigte, dass solche Reformen sowohl innerhalb der Verwaltung angestossen als auch über einen Vorstoss im Parlament eingebracht werden könnten. BFE-Direktor Revaz betonte seinerseits die Bedeutung der Subsidiarität, also die Möglichkeit, dass Regulierungslösungen auch auf Branchenebene erbracht werden könnten. Sowohl Schneeberger als auch Revaz stimmten darin überein, dass in ihren Bundesämtern in der Regel drei Revisionspakete parallel bearbeitet und diese zudem zweimal jährlich gebündelt würden. Schneeberger hielt fest, dass die «Paketierung» der Verordnungsanpassungen «unerlässlich» sei. Im BAFU würden gegenwärtig 72 Verordnungen betreut. «Wir sprechen hier von einer grossen Maschinerie, die jeweils in Gang gesetzt wird», sagte sie.
Weiter ging Schneeberger auf die Ämterkonsultation ein, bei der eine Antwort zuhanden des Bundesrats verfasst und zwischen den Ämtern und dem federführenden Departement abgestimmt werde: «Innerhalb unseres Amts verfassen wir eine Antwort, die beispielsweise mit dem BFE vorabgestimmt wird. Anschliessend geht das Geschäft in eine Ämterkonsultation, bei der es dann an bestimmte Bundesstellen wie das Staatssekretariat für Wirtschaft oder das Bundesamt für Justiz weitergeleitet wird. Erst danach wird eine konsolidierte Antwort des Amts an das federführende Departement verschickt, von wo sie wieder zurück an den Bundesrat gelangt», erklärte Schneeberger.
Möglichkeiten der Harmonisierung
Nach einem Exkurs von BFE-Direktor Revaz zur Zusammenarbeit zwischen Verbänden und Experten bei Grundlagen- und Vertiefungsstudien, die viel Koordinations- und Arbeitsaufwand erforderten, wurde die Kompetenzfrage zwischen Bund und Kantonen angesprochen. Diesem Themenkomplex wird von zahlreichen Unternehmen der Branche ein grosses Gewicht beigemessen, da die kantonal unterschiedlichen Vorgaben vielfach zu Mehraufwand führen. Präsidentin Ryser warf die Frage auf, ob es in der Gebäudetechnik nicht möglich wäre, nationale Vorgaben zu machen oder wenigstens eine landesweite Harmonisierung in Teilbereichen zu schaffen. Darauf entgegnete Revaz, dass die Bundesämter in diesen Prozess nur beratend intervenieren dürften, weil sie keine Kompetenz bei der Ausgestaltung von Vorschriften hätten. Adressaten der Branche seien vielmehr die Energiedirektorenkonferenz (EnDK) oder die Bau-, Planungs- und Umweltdirektorenkonferenz (BPUK). Revaz ermunterte die anwesenden Branchenvertreterinnen und -vertreter, sich bei diesen interkantonalen Koordinationsorganen stärker im Sinne einer Harmonisierung einzubringen.
Weitere Themen
Eine angeregte Debatte, die teilweise auch Detailsachfragen betraf, entwickelte sich während der Podiumsdiskussion auch bei anderen Themen. Im Spannungsfeld zwischen Energieeffizienz und gesunder Raumluft gab beispielsweise das Thema Lufthygiene Anlass zu einem durchaus kontroversen Meinungsaustausch. «Die Lüftungsbranche komme an diesem Punkt seit Jahren nicht voran», sagte der scheidende KGTV-Vorstand Martin W. Bänninger vom Schweizerischen Verein für Luft- und Wasserhygiene (SVLW), der bemängelte, dass hier die Fachkompetenz zwar beim BFE angesiedelt sei, die Richtlinienkompetenz dagegen beim Bundesamt für Gesundheit (BAG).
Beim Thema Co-Finanzierung von Forschungsvorhaben – die beispielsweise von zwei oder mehr Bundesämtern gemeinsam durchgeführt werden – verwies BFE-Direktor Revaz auf die teils «formalistischen» und «strikten» gesetzlichen Vorschriften für Pilot- und Demonstrationsprojekte; und BAFU-Direktorin Schneeberger erläuterte die anspruchsvollen finanztechnischen Vorgänge bei der Bewilligung von behördenübergreifenden Finanzierungen. Weitere Diskussionsthemen betrafen die Verstromung und Einspeisung von Biogas und die erneuerbare Stromerzeugung, den gegenwärtigen Forschungsstand im Bereich der Wasserstoffproduktion, die Zukunftsrelevanz von Gaskombikraftwerken oder die unzureichende Potenzialausschöpfung von Lastreduktionen bei Strommangellagen. Schliesslich wurde auch über die «Bildungsoffensive Gebäude» des BFE zur Rekrutierung qualifizierter Fachkräfte gesprochen. Über deren bisherigen Verlauf äusserte sich Direktor Revaz positiv. Verbesserungspotenzial sehe er allenfalls bei der Erweiterung des Adressatenkreises. So gab er etwa zu bedenken, dass man Informationsanlässe auch an Sekundarschulen durchführen könne.
BAFU-Direktorin Schneeberger und BFE-Direktor Revaz luden die Anwesenden ein, bei Fragen oder Anliegen unkompliziert zum Telefon zu greifen. Beide betonten, dass einfache, kurze und unkomplizierte Kommunikationswege mit Vertreterinnen und Vertretern der Branche erwünscht seien. Auf Rysers Einladung zu einem Schlussstatements antwortete Schneeberger, dass man auf die Zusammenarbeit mit der Branche angewiesen sei. Revaz seinerseits richtete einen Appell an die Branche, sich verstärkt fürs Energiesparen einzusetzen.
Kleines Jubiläum
Der Podiumsdiskussion vorangegangen war der statuarische Teil. Die KGTV feierte ihre insgesamt zehnte Generalversammlung. Zudem war der Anlass in Bern die 100. Veranstaltung seit Gründung der Konferenz im Jahr 2013. Anlässlich des «kleinen Jubiläums» überreichte KGTV-Vizepräsident Stephan Peterhans, Geschäftsführer des Fachvereins Wärmepumpen Schweiz (FWS), der Präsidentin als Dankeschön einen Blumenstrauss. Auch das abtretende Vorstands- und Gründungsmitglied Martin W. Bänninger wurde mit Applaus und einem Geschenk für dessen langjähriges Engagement verdankt. «Du hast die KGTV über die Jahre sehr stark mitgeprägt. Dein Austritt ist ein grosser Verlust», sagte Ryser. Bänninger erwiderte mit einer kurzen Dankesrede. An seine Stelle wurde an der GV der Freiburger Raumluftexperte Rony Riedo in den Vorstand gewählt. Der Bereichsleiter Verkauf Schweiz bei der Belimo Automation AG und Vorstandsmitglied des Fachverbands für Komfortregelung (FKR) erklärte in einem kurzen Statement: «Mir ist es ein Anliegen, dass wir die Energiepolitik voranbringen.» Dem neuen Vorstandsmitglied wurde anschliessend ein Willkommensgeschenk überreicht.
Beim Traktandum «Wahlen» wurde davor bereits Präsidentin Franziska Ryser per Akklamation wiedergewählt; und auch der restliche Vorstand wurde in corpore einstimmig im Amt bestätigt. Schliesslich wurde mit Daniel Martin (bisher) und Philipp Schütz (neu) auch die Revisionsstelle in ihrer üblichen Zweierbesetzung bestätigt. Auch bei den übrigen Beschlussfassungen wurde an der GV Einstimmigkeit erzielt: Die Jahresrechnung 2021 mit einem Verlust von 10 738 Franken sowie das Jahresbudget 2022 mit einem budgetierten Überschuss von 2474 Franken wurden ebenso angenommen, wie dem Revisionsbericht und der Entlastung des Vorstands zugestimmt wurde.
Präsidialbericht
Begonnen hatte die GV mit einem Abriss über die Aktivitäten des Vorstands im Jahr 2021, bei dem Präsidentin Ryser unter anderem auf die Schärfung der strategischen Ausrichtung im Hinblick auf die thematische Positionierung und die Rolle der KGTV als Koordinationsorgan und Sprachrohr ihrer Mitglieder einging. Zudem liess Ryser die Veranstaltungen des letzten Jahres Revue passieren: etwa den Sommerworkshop bei der CKW in Emmen oder die Herbstplenarversammlung zum Thema Beschaffungsrecht am BKWHauptsitz in Bern. Auch über die politische Lobbyarbeit des Verbands berichtete Ryser, namentlich über das Schreiben an Bundesrätin Simonetta Sommaruga nach Ablehnung des CO2-Gesetzes, in dem die Kernforderungen der KGTV zusammengefasst wurden. Schliesslich griff Ryser die Kooperationsanfragen an SwissCleantech, AEE Suisse und Bauenschweiz auf. Insbesondere mit dem Dachverband der Schweizer Bauwirtschaft sehe man Möglichkeiten für eine engere Zusammenarbeit, liess Ryser durchblicken.
Auch traktandiert war die Geschäftsstelle, die gemäss Vorstandsbeschluss reorganisiert wird. Künftig wird KGTV-Mitglied EIT.swiss – die wichtigste Berufsdachorganisation der hiesigen Elektrobranche – die Geschäftsstelle im Mandat führen. Zur Neuausrichtung gehört, dass EIT.swiss sich vornehmlich um die Kommunikation und das Polit-Lobbying kümmern wird, während die administrative Geschäftstätigkeit und die Organisation von Veranstaltungen weiterhin von der bisher mandatierten Agentur MKR Consulting wahrgenommen wird. Ein reibungsloser Übergang der Geschäftsstelle wird durch den Einsitz von EIT.swiss-Vertreter Simon Hämmerli im Vorstand gewährleistet.
Text: Antonio Suárez