Medienmitteilung Sommerworkshop 2023
Am 28. Juni 2023 fand der siebte jährliche Sommerworkshop der Konferenz der GebäudetechnikVerbände KGTV im Campus der Fachhochschule Nordwestschweiz in Brugg statt. Als Referenten konnte die KGTV Dr. Robert Weinert gewinnen, der zusammen mit den Anwesenden den Zustand und die Trends im Schweizer Gebäudepark beleuchtete. Am Nachmittag fokussierten sich die Teilnehmenden zusammen mit Vertreterinnen und Vertretern des Bundesamts für Energie und bauenschweiz auf eine mögliche Image-Kampagne für die Berufe in der Gebäudetechnik-Branche.
In ihrer Begrüssung liess KGTV-Präsidentin Franziska Ryser den vergangenen Abstimmungssonntag Revue passieren: Das auch von der KGTV unterstützte Klima- und Innovationsgesetz wurde mit 59 Prozent JaStimmen angenommen. Jetzt könne sich die Schweiz daran machen, die darin festgelegten Klima- und Energieziele umzusetzen. Dem Gebäudepark komme dabei eine wichtige Rolle zu und mit den neuen Fördermitteln könne die Gebäudetechnik-Branche ihren Beitrag leisten.
Immobilienmarkt
Um die Möglichkeiten der Branche abschätzen zu können, hat die KGTV Dr. Robert Weinert von Wüst + Partner eingeladen. Der promovierte Ökonom zählt zu den renommiertesten Experten der Immobilienbranche und dem Gebäudebereich. Er sieht für die gesamte Baubranche grosse Chancen, aber auch viele Herausforderungen. Der Trend zur Dekarbonisierung aber auch der weiterhin grassierende Wohnungsmangel sind dabei wichtige Treiber. Zwar steigen die Leitzinsen und die Inflation bewegt sich wieder auf 2 Prozent zu, der Schweizer Immobilienmarkt reagiert darauf aber bisher eher verhalten. Grund dafür ist, dass unter anderem die institutionellen Anleger weiterhin an ihren Topobjekten festhalten.
Trotz Rezessionsgefahr ist das Beschäftigungswachstum weiterhin hoch. Seit 2021 gibt es mehr freie Stellen als Arbeitslose. Gleichzeitig ist für 2023 das grösste Bevölkerungswachstum seit Jahren zu erwarten, was u.a. auf die Niederlassung ukrainischer Flüchtlinge sowie die Nachfrage nach zusätzlichen Arbeitskräften aus dem Ausland zurückzuführen ist. Das Beschäftigungswachstum trägt auch dazu bei, dass entgegen den Erwartungen nach der Covid-Krise die Nachfrage nach Büroflächen weiterhin gross ist. Zwar gibt es ein Umdenken hinsichtlich Home Office, was auch die Nachfrage nach mehr Wohnfläche pro Person beflügelt, in den Innenstädten und in der Agglomeration sind Büroräumlichkeiten aber weiterhin sehr begehrt, wobei die Qualität der Räumlichkeiten und die Nachhaltigkeit für Unternehmen wichtigere Kriterien sind als Miete und Erreichbarkeit. Beim Detailhandel macht sich weiterhin der Trend zum Onlinehandel bemerkbar. Die Nachfrage nach Verkaufsflächen bleibt in den Zentren, in Bahnhofsnähe und in etablierten Einkaufsstrassen hoch, nimmt in anderen Gebieten aber ab. Hier lässt sich eine vermehrte Umnutzung beobachte.
Insgesamt bleiben die Baugesuche stabil, wobei der Wohnbau dominiert. In der Tendenz nehmen aber Gesuche für Neubauten ab, während sie für Umbauten (insb. für Fassaden und Wärmepumpen) zunehmen. Gleichzeitig nehmen die Baubewilligungen immer weiter ab. Dies hängt damit zusammen, dass Verdichtungsprojekte anfälliger für Einsprachen sind und dass auch die Bewilligungsbehörden über Fachkräftemangel klagen. Insgesamt beobachtet Dr. Weinert eine klare Wohnungsknappheit, da die Nachfrage nach neuen Wohnungen die umgesetzten Bauprojekte übersteigt. Der Leerstand liegt im Moment noch über 1,3 Prozent, was für Umbauten und Umzüge ausreicht. Die Situation ist historische nicht einmalig und gleicht anderen Krisenphasen. Hinsichtlich der ökologischen Nachhaltigkeit zeigt sich, dass diese bei der Mieterschaft noch kein grosses Thema ist. Für die meisten Mietenden sind klassische Faktoren wie die Miethöhe und die Fläche deutlich wichtiger. Für Vermietende besteht deshalb im Moment auch kein Handlungsbedarf, insbesondere auch, weil die Mieten auch ohne Renovationen jährlich um 6 Prozent an Wert gewinnen. Bei der Stockwerkeigentümerschaft zeigt sich indes ein gewisses Umdenken: Für sie sind Installationen wie die Ladeinfrastruktur für Elektromobilität deutlich wichtiger und ihre zusätzliche Zahlungsbereitschaft für moderne Heizsysteme liegt zwischen 3 bis 5 Prozent.
Bei den Baupreisen zeigt sich eine gewisse Normalisierung. Die grossen Lieferengpässe der letzten Jahre sind überwunden und auch die Energiepreise pendeln sich wieder ein. Insgesamt verordnet Dr. Weinert ein grosses Bedürfnis von Investoren und Vermietenden an Informationsveranstaltungen und Weiterbildung hinsichtlich den Möglichkeiten der Gebäudetechnik im Zusammenhang mit Nachhaltigkeitsfragen. Er signalisiert hier auch Interesse an einer Zusammenarbeit mit den Mitgliedern der KGTV.
Image-Kampagne
Der Nachmittag widmet sich ganz der vom Bundesamt für Energie BFE, bauenschweiz und der KGTV ins Rollen gebrachte Kampagne zur Verbesserung des Images der Gebäudebranche. Ziel ist es, mehr junge Menschen – insbesondere auch Frauen – für die Berufe der gesamten Branche zu gewinnen. Dazu sollten im Rahmen des Workshops die nötigen Rahmenbedingungen und die exakten Ziele festgelegt und erste Instrumente entwickelt werden. In sechs Arbeitsgruppen bearbeiteten die Teilnehmenden zwei Mal sechs vom BFE vorbereitete Fragen zur Kampagne, die zu einer positiven Wahrnehmung der Baubranche beitragen sollte.
Dabei zeigte sich in vielen der Gruppen, dass die Baubranche äusserst heterogen ist und deshalb nicht klar ist, wie weit die Kampagne überhaupt greifen soll. Nicht nur sind verschiedene Gewerke, von der Planung über das Bauhauptgewerbe bis zur Gebäudetechnik, an einem Bau beteiligt; es werden auch nicht nur Gebäude, sondern auch Infrastruktur gebaut. Für bauenschweiz ist wichtig, dass die gesamte Wertschöpfung abgedeckt werden muss. Von vielen Teilnehmenden wird auch kritisch bemerkt, dass die Betriebe der verschiedenen Branchen am Ende auch um dieselben Lernenden buhlen und sie deshalb eigentlich Konkurrenten sind. Das BFE wiederum stellt klar, dass es keine teure Kampagne entwickeln will, die sich auf breit gestreute Plakate beschränkt.
Bis im November wird nun ein Pflichtenheft für die verschiedenen Verbände entwickelt, welche die möglichen Massnahmen der gemeinsamen Kampagne beinhaltet. Die dafür zuständige Agentur wird noch gesucht und wird die vom BFE in seiner Basisanalyse zu den Bauberufen gesammelten Informationen berücksichtigt. Die KGTV soll weiterhin beim Projekt mitwirken.